Issue 3/1997


Editorial


Das aktuelle Kunstgeschehen pendelt auf ein »retrospektives« Level ein. Wohin sind jene Praktiken verschwunden, die von Interventionen und Analyse geprägt waren?

Es scheint momentan so, als pendle sich das aktuelle Kunstgeschehen auf ein überwiegend »retrospektives« Level ein. Jedenfalls ist allenthalben im Kunstfeld ein Wiederaufgreifen, Verfeinern, aber auch ein »Verwässern« historisch abgesicherter Postionen bemerkbar. documenta, Münster, Biennale oder Withney sind dafür nur der sichtbarste Beleg. Was einmal »terrorisierende« Qualitäten hatte, ist mittlerweile längst Mainstream-kompatibel.

Was einmal historisch in ganz bestimmte Kräfteverhältnisse eingebettet war, ist tendenziell zum beliebig verfügbaren, manipulierbaren Fundus für ein historisierendes Arbeiten geworden. Wohin sind jene Praktiken der späten Achtziger unf frühen Neunziger verschwunden, die von Aufbrüchen, Interventionen, Analyse, Politik und versuchten Grenzüberschreitungen geprägt waren? Können sie nur mehr in Retro-Perspektiven existieren? Oder deuten sich irgendwo Momente an, die diese offenbar verfestigte Konstellation des Mit-dem-Rücken-zur-Zukunft-Stehens aufsprengen könnten?