Heft 4/1999 - Netzteil
»Ich strebe nach einfachen Strukturen ... Der technische Mensch darf sich nicht in seiner eigenen Technologie verirren.«
Fazlur Khan, MIMAR, 1982
In der Beziehung zwischen Mensch und Maschine ist der Mensch oft der Verlierer - und meistens merkt er es nicht einmal. Nehmen wir nur all die MusikerInnen und KomponistInnen, die sich in den achtziger und frühen neunziger Jahre voller Euphorie auf die neuen Technologien stürzten: Hätten diese Leute jemals gedacht, dass ihre Musik nur zehn Jahre danach kaum mehr sein würde als eine groteske Ansammlung überflüssiger 8-Bit-Synthesizer- und 2-Bit-Drum-Sounds - eine erschreckende Erinnerung daran, wie schnell sich der Reiz des Neuen abnützen kann? Wohl kaum. In der Vergangenheit war das der Sound der Zukunft - frisch, neu und ungemein faszinierend. Er überdeckte die mangelnde musikalische Qualität der Melodien, und zwar so sehr, dass viele KünstlerInnen - wie man heute recht gut hören kann - ihre Ideenarmut sogar mit rudimentären Kenntnissen der neuen Studiotechnologien kompensieren konnten: Samples, Breakbeats, digitale Effekte und so weiter. Rückblickend wird deutlich, dass Maschinen, wenn sie unkritisch eingesetzt werden, in ihrer Wirkung begrenzt sind und ihrerseits einschränkende Wirkung ausüben, auch wenn sich ihre VerfechterInnen noch so sehr dafür begeistern, welche Möglichkeiten sie für die Veränderung zeitgenössischer Praktiken und Prozesse eröffnen; und die Begrenztheiten solcher Systeme prägen die Begrenztheiten unserer kreativen Produkte - wie es in der Popmusik der achtziger Jahre häufig der Fall war - viel stärker als zum Beispiel unsere thematischen oder visuellen Einfälle.
Leider zeigt sich erst im Nachhinein so klar, wie die Parameter einer Maschine das Wesen der Produkte, zu deren Schaffung sie eingesetzt wird, vollkommen bestimmen können. Wenn man im Katalog des Londoner Onedotzero-Festivals1 über Richard Kenworthys exzellenten Film »Doug Gives a Talk on Electronics« liest, er wäre »der dritte in einer Reihe von Kurzfilmen [...] in dem Mensch auf Maschine trifft und scheitert«, dann drängt sich die Bemerkung auf, dass dies auch auf die Mehrzahl der im diesjährigen Programm vertretenen FilmemacherInnen zutrifft. Man hat zwar nie den Eindruck, dass die Avantgarde unserer digitalen FilmemacherInnen genauso scheitern könnten wie der Alltagsprolo Doug mit seinen technologieskeptischen Geschichten über elektronische Missgeschicke und Pannen. Aber obwohl die FilmemacherInnen im Programm ihre Werke vielleicht selbst als ungeheuer spannend empfinden, lässt sich nicht bestreiten, dass das Onedotzero-Festival heuer vor allem solche Technologie-Anwendungen präsentierte, deren Ergebnisse jegliche narrative, konzeptuelle oder - wenn man das rein Spektakuläre abzieht - visuelle Originalität vermissen ließen. Wenn die Beiträge typisch waren - und ich glaube, das waren sie -, dann wird daraus nur allzu deutlich, dass die neuen digitalen Filmtechniken die kreative Leistung jener, die sich ihrer heute bedienen, wesentlich mehr schwächen, als sie zu fördern oder zu verstärken.
Die beiden Hauptkuratoren von Onedotzero, Shane Walter und Matt Hanson, betrachten das Festival als Plattform für Arbeiten, die digitale Technologien im Film einsetzen. Dies ist ein ziemlich breit gefasster Ansatz, und deshalb werden besonders jene FilmemacherInnen präsentiert, die - wie es die Veranstalter ausdrücken - versucht haben, aus traditionellen und neuen Medien in die Welt des Films zu wechseln, sowie jene, die in ihren Werken »neueste digitale Techniken« einsetzen. Beim diesjährigen Festival waren daher zahlreiche grafisch orientierte Arbeiten von DesignerInnen vertreten, die sich für ihre Crossovers zum Film digitaler Video- und Macintosh-basierender Schnitttechniken bedienten, beispielsweise Marc Nguyen Tan (»DOTMOV«), Spin (»UK/USA«), ISO (»Beep«), Graphic Havoc (»Wamdue Project«) und auch bekanntere Designergruppen wie Fuel. Die Hauptprogramme des Festivals, »Wow + Flutter« und »Wavelength«, konzentrierten sich auf die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten neuer Medien im Film und präsentierten Filme, die »zukünftige visuelle Stile ausloten«. Dies war von Haus aus ein ziemlich gewagtes Unterfangen, da, wie bereits erwähnt, unsere Visionen der »Zukunft« letztlich vor allem etwas über die Zeit aussagen, in der sie entstehen - ein Umstand, an den die Kuratoren von Onedotzero offenbar nicht gedacht hatten; und es ist vielleicht keine Überraschung, dass die Festivalfilme einmal mehr vor allem eines deutlich machten: nämlich wie selten neue Technologien so eingesetzt werden, dass Werke von eigenständigem Wert entstehen. Man hoffte zwar, dass Designer- und FilmemacherInnen ihre Kreativität auf originelle, innovative Weise umsetzen würden - so wie Hiroyuki Nakano in seinem ersten Spielfilm »Samurai Fiction«, Richard Kenworthy in seinem bereits erwähnten Film, Spin in »UK/USA«, die Gruppe Tomato in ihrem gesamten Programm, Chris Cunningham in den beiden von ihm gezeigten Videos und Spike Jonze in »Rockafeller Skank« -, doch es war schwierig, in der präsentierten Masse neuer digitaler Techniken solche individuellen Visionen auszumachen.
Der Unterschied zwischen den guten und den schlechten Beiträgen lag in dem grundlegenden narrativen oder diskursiven Interesse, das über den Wunsch, Technologie und neue Techniken zu exotisieren - oder zu orientalisieren -, hinaus führte. Doch leider war genau das Phänomen des Techno-Orientalismus, verbunden mit einem Übermaß an Narration, für den Großteil des Programmes typisch. Mit Techno-Orientalismus meine ich zwei Dinge: Erstens war ein echtes konzeptuelles Verständnis der in der Filmproduktion verwendeten Technologien und Software nur in sehr geringem Maß erkennbar; und zweitens schien es daher, als ob diese Technologien exotisiert worden wären, als ob sie den fiktiven Aspekt des faszinierenden, fesselnden Anderen angenommen hätten, das uns ausschließlich deshalb in seinen Bann schlägt, weil wir es kaum verstehen.
Sexy Digitalität
Wie wir schon bei der Musik der achtziger Jahre gesehen haben, scheitert die Nutzung neuer Technologie häufig genau aus dem Grund, dass die Technologie, der man sich bedient, orientalisiert wird. Häufig vergisst man dabei auf die grundlegendsten und wesentlichsten Voraussetzungen interessanter Werke: strukturiertes Konzept, narratives Spiel, dynamischer Aufbau - all das wird völlig bedeutungslos, sobald primär Special Effects bestaunt werden. Es handelt sich dabei um dieselbe Form von Orientalisierung, die Mitte der achtziger Jahre Paul Hardcastle mit seinem Sample-Opus »19« an die Spitze der Hitparade brachte. Sampling wurde erst interessant, als wir merkten, dass es nicht wirklich spannend war, uns endlose Wiederholungen des heruntergestotterten Wortes »19« anzuhören, und erkannten, dass es auch nicht unbedingt reicht, einige Spuren auf ein paar gesampelte Takte von James Browns »Funky Drummer« zu knallen. Mit anderen Worten: Es konnte erst wirklich losgehen, nachdem der Sampler an sich uninteressant geworden war. Erst dann war der Weg frei, um die Sampler/Sequencer-Verbindung bis an ihre Grenzen auszureizen - was Mitte der neunziger Jahre ein großartiges Resultat zeitigte, nämlich die Entstehung von Jungle. Während Technologie an sich immer als Mittel zur Beschleunigung unserer Arbeitsabläufe gepriesen wird, kann uns der Techno-Orientalismus nur bremsen.
Vom Standpunkt des Techno-Orientalismus betrachtet, wirkt »Digitalität« sexy, und ihre Produkte werden als spektakuläre Beweise dafür angesehen, wie technologisch fortgeschritten wir mittlerweile schon sind. Der Techno-Orientalismus verleiht solchen Werken eine Art Heiligenschein, einen geradezu ikonenhaften Status, dank dessen sogar die elementarsten Mängel verziehen werden. Die schlechtesten Beiträge bei Onedotzero stammten von Leuten, die vom grellen Glanz der neuen Technologien - etwa mit ihren rasanten Schnitten, knalligen Effekten - so geblendet waren, dass sie im Endeffekt nicht mehr zustande brachten als ein verklärtes Demo für dieses oder jenes Software-Produkt. Jake Knights digitale Film-Promo für C12 bot ein anschauliches Beispiel, das unter Vermeidung jeglichen narrativen Interesses den Weg einer jungen Japanerin durch eine nichtssagende Stadtlandschaft verfolgte, die hie und da mittels Digital-Effects-Software verfremdet wurde. Das Ironische daran ist, dass Knights Arbeit sowohl orientalisierend als auch techno-orientalisierend war: Die zwei Hauptthemen sind das ausdruckslose, undurchschaubare, geisterhafte japanische Mädchen und die gespenstische Präsenz der visuellen Technologien, die jegliche dramatische Entwicklung ersetzen. Neue Technologien, das muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen, lassen uns manchmal vergessen, wie begrenzt unsere Ideen sind. Wir können nicht erwarten, dass die Technologie uns einen Sinn liefert - zumindest keinen Sinn, der von Dauer ist.
Hyperidylle und digitale Philosophie
Es gab natürlich auch lobenswerte Ausnahmen, die Onedotzero doch zu mehr machten als zu einer bloßen Lektion über die Fehler, die man bei der Produktion von Filmen unter Verwendung neuer Technologien vermeiden sollte. Die visuellen Psalmen des neuen Tomato-Werkes (»VOXIOO«) erinnerten mit ihrer hyperidyllischen Ästhetik und der dunklen, dank digitaler Überarbeitung noch verstärkten Intensität ihrer Landschaften stark an Andrej Tarkowskij. Für Tomato stellte dies einen wesentlichen Paradigmenwechsel dar, weg von der Info-Überladenheit und dem Burroughs`schen Exzess eines rasanten »Cut-and-Fold« mit schnörkellosem Underworld-Soundtrack. Dabei tritt die Technologie in den Hintergrund, und im Vordergrund stehen Fragen der Transzendenz und eines erhabenen, reinen Bewusstseins, unterlegt mit Arvo Pärts litaneihaftem Stück »Tabula Rasa«. Wenn bei Tomato der Blick über dunkle Laubwälder schweift, dicht und schwarz und unbeweglich, dann ist darin weit eher ein potenzieller »visueller Stil der Zukunft« zu erkennen als in den kurzlebigen, trivialen Hervorbringungen all jener, die hoffnungslos technikbesessen sind. Ich denke, es kommt nicht von ungefähr, dass sich Tomato - eine Design-Gruppe, die sicherlich für viele Menschen die grundlegende Ästhetik des digitalen Films mitbestimmt hat - nun vollkommen von eben dieser Ästhetik abgewandt hat, um reife, gemessene Werke von leuchtender, ja geradezu religiöser Intensität zu produzieren. Tomato wissen besser als alle anderen TeilnehmerInnen des Festivals, wie man seiner Zeit voraus bleibt und dass man nicht versuchen sollte, die Zukunft »abzubilden« oder »vorauszusagen«, sondern sie ganz einfach zu schaffen. Mit ihren seriösen Produktionen, die sowohl Aussage- als auch Voraussagekraft besitzen und den Zeitgeist nicht nur artikulieren, sondern auf subtile Weise auch provozieren möchten, stellen Tomato sicher, dass sie nicht wie so viele andere im Mülleimer der Regler-Fummler und Demo-Produzenten landen. Doch dafür müssen sie möglicherweise ihren Namen ändern.
Daneben erwies sich Chris Cunninghams unaufhörliches Bemühen, seine psychischen Phantasien filmisch darzustellen, wie immer als faszinierend. Wie Tomato thematisiert auch Cunningham in seinen Filmen bestimmte Fragen - Identität, Stereotypen, Sexualität, Schnittflächen zwischen Mensch und Maschine - und setzt digitale Technologien nur als Mittel zu deren Umsetzung ein. Wenn man das schreckliche Schauspiel sieht, wie das Gesicht von Aphex Twin in »Windowlicker« überzeugend über die Gesichter von sonnengebräunten, üppigen R`n`B-Girls im Bikini gelegt wird, dann ist sofort klar, dass dieser Effekt anders nicht hätte erreicht werden können und dass Cunninghams Werk durch digitale Technologien überhaupt erst möglich wurde. Unter anderen Bedingungen hätte er zweifellos auch andere Möglichkeiten gefunden, seine Vorstellungen umzusetzen, aber diese Technologien, mit deren Hilfe perfekte Illusionen erzeugt werden können und mit denen das Unwirkliche wirklich erscheint, sind für seine Arbeit wie geschaffen. Cunningham wirft mit seinen Schnittinstrumenten tiefgreifende ontologische Fragen auf, die ebenso geistreich wie beunruhigend sind: Eigentlich betreibt er unter dem Deckmantel von Promo-Videos digitale Philosophie, und es wird - wenn man den Gerüchten glauben darf - interessant zu beobachten, was er mit William Gibsons »Neuromancer« anfängt. Er ist das Paradebeispiel eines Filmemachers mit einer ausgeprägten persönlichen Vision, die erst durch visuelle Technologie umgesetzt werden konnte.
Crossover und Crossback
Leider begnügte sich der Großteil des Programms von Onedotzero mit trivialen Bearbeitungen der Hi-Tech-Symbolstruktur, ästhetisierte die Oberfläche von Software-Produkten und ignorierte dabei das narrative Element in einer Weise, die zu erschreckend banalen Ergebnissen führte. Beiträge dieser Art provozieren den bösen Wunsch, dass diejenigen, denen dank der Technologie der Crossover zum Film möglich wurde, doch einfach wieder einen Crossback vollziehen und in Zukunft wieder denjenigen das Feld überlassen mögen, die wirklich wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung des Filmes leisten wollen. Techno-orientalistische Arbeiten können leider nie mehr sein als Snacks für die Augen einer Generation mit extrem beschränkter Aufnahmefähigkeit - eine Generation, die mit kunterbunten MTV-Kurzfilmchen groß wurde, für die Werbespots zur kulturellen Grundnahrung gehören und die nur allzu glücklich ist, eine Stunde lang mit offenem Mund die neuesten FX-Tricks irgendeines zum Filmemacher konvertierten Designers zu bestaunen. Sogar in den Arbeiten - von zugegebenermaßen hohem Niveau - der Gruppe Fuel war ein zynisches Kokettieren mit kommerziellen Produktionen zu erkennen, von denen einige ihre wesentlichen visuellen Attraktionen aus Markenfiltern und klischeehaften Software-Effekten bezogen. Eine animierte Gauß`sche Verzerrung kann eine solide Ideenentwicklung nicht ersetzen: Bei einer Gruppe, die einen so starken Einfluss auf andere DesignerInnen hat, zeugt eine solche Haltung nicht nur von unentschuldbarer Faulheit, sondern auch von Verantwortungslosigkeit. Das soll nicht heißen, dass im Design digitaler Filme keine vorprogrammierten Software-Effekte verwendet werden sollen, sondern einfach, dass eine Designer-Gruppe, die etwas auf sich hält, bestrebt sein sollte, die Ästhetik des Designs in ihren Filmen weiterzuentwickeln, anstatt die neuesten Plug-in-Effekte zu verkaufen.
Wenn man das Programm von Onedotzero verfolgte und den Diskussionen lauschte, die dort geführt wurden, dann wurde vor allem eines klar - nämlich, wie wichtig es ist, dass wir uns immer wieder fragen, auf welche Weise und zu welchem Zweck wir unsere Werkzeuge in unserer künstlerischen Produktion einsetzen. Auch wenn die Vorstellung einer Autokatalyse, wie sie von Kodwo Eshun vorgeschlagen wurde - wo die Maschine ohne menschliches Einwirken schöpferisch tätig ist -, zum Großteil reine Fiktion ist, so besteht doch die sehr reale Möglichkeit, dass neue Soft- und Hardware-Instrumente so tief in die Schaffung einer zeitgenössischen Designästhetik eingebunden werden, dass ihre BenutzerInnen sich nicht mehr die Mühe machen, diese auch zu verstehen.
Weg von der Fetischisierung
An die Stelle des techno-orientalistischen Paradigmas muss eine paradigmatische Untersuchung der Rolle treten, welche die Maschinen in unseren alltäglichen Arbeitsabläufen spielen. Die Forderung der Moderne, man müsse sein eigenes Medium von Grund auf verstehen, ist - wenn man nach den Beobachtungen bei Onedotzero geht - auch heute noch höchst relevant. Natürlich sind die Resultate unserer Auseinandersetzung mit der Technologie, die auch nach längerer Zeit mehr als bloß historische Kuriositäten darstellen - wie die Musik von Kraftwerk oder, wie manche behaupten würden, Acid House -, auch jene, die in erster Linie von einem wirklichen Verständnis der Parameter der Maschine geprägt sind. Während der 303 Bass-Synthesizer in gewisser Weise die Voraussetzung für Acid schuf, so war das Entstehen dieser Musik erst durch ein tiefes, durchdringendes, obsessives Begreifen der Parameter dieses Geräts möglich - eine Antithese zum Techno-Orientalismus. Erst wenn wir versuchen, die Grenzen eines Gerätes und seine strukturierten Defizite zu verstehen, können wir darüber hinausgehen - indem wir sie, wie Kraftwerk, parodieren und mit ihnen spielen; oder sie, wie im Fall von Acid House, als Grundlage einer erhabenen Transzendenz verwenden; oder, wie bei Plastikman, in die Maschine selbst eindringen, um ihren vorprogrammierten Schaltplan durcheinander zu bringen.
Was bei Onedotzero am meisten abging, war das Verlangen, die Maschinen dazu zu bringen, Dinge zu tun, an die ihre SchöpferInnen nicht einmal im Traum gedacht hätten. Die größte Gefahr für die eifrigen Techno-OrientalistInnen liegt nicht darin, dass das System die Rolle des Produzenten übernimmt, oder in einer Autokatalyse, sondern vielmehr im totalen Aufgehen in den beschränkten Schemata der ProgrammiererInnen und Software- DesignerInnen, die die von uns benutzten Werkzeuge erfinden. In der Einleitung zum Onedotzero-Programm stellte Matt Hanson die Frage, wohin Onedotzero nach seiner dritten Saison gehen kann. Die Antwort muss lauten: »Weg von der Fetischisierung neuer Technologien und hin zu einem fundierten Verständnis der Werkzeuge und Geräte, die den digitalen FilmemacherInnen heute zur Verfügung stehen.« Im dialektischen Kampf zwischen Mensch und Maschine sind wir die Verlierer, wenn unsere Maschinen und Software- Systeme die kreativen Prozesse einschränken und uns mit ihrer Neuheit und Hipness so sehr blenden, dass wir diese Einschränkungen gar nicht mehr merken. Wir verlieren, wenn wir uns - anstatt ausgiebig mit Konzepten und Strukturen zu experimentieren - darauf beschränken, die technischen Produkte zu verfeinern, die uns die Hersteller von Soft- und Hardwaresystemen verkaufen. Um erfolgreich zu sein, muss sich auch Onedotzero - so wie jeder, der mit neuen Methoden des Filmemachens experimentiert - höhere Ziele setzen. Die neuen digitalen FilmemacherInnen müssen anerkennen, dass Technologie eigenständiges Denken nicht ersetzen kann, und sie müssen den Maschinen, mit denen sie konfrontiert sind, ihre eigenen Vorstellungen und ihre eigenen Paradigmen aufzwingen.
1 www.onedotzero.com; das Festival fand zum dritten Mal, vom 30. April bis 9. Mai 1999 am Londoner ICA, statt.