Nahezu regungslos betrachtet eine Frau ihre Reflektion im Spiegel. Die Kamera zeigt nur ihr gedoppeltes Antlitz. Langsam bewegen sich die Lippenpaare aufeinander zu. Der sich ankündigende Kuss verliert sich in einem Schlürfen. Trinkend scheint sie ihr seitenverkehrtes Bild zu verzehren. In der kräuselnden Wasseroberfläche verschwimmt das Gegenüber. Sie setzt ab, um die sie spiegelnde Flüssigkeit aufs Neue anzustarren, trinkt weiter, setzt ab. Als ihre Lippen hinter der Wasseroberfläche wiederum auf einen Spiegel stoßen, diesmal aus Glas, endet das Video. Das Trinkstück »Fountain« taucht innerhalb Patty Changs erster Galerienausstellung in Europa gleich in drei Umsetzungen auf: einer einstündigen Performance zur Eröffnung, einem achtminütigen Video sowie als großformatige Farbfotografie. Scheint die Performance vor Publikum der Ausgangspunkt zu sein, so ist die Ausstellung mit dem Titel »Performances« aber gerade von deren Abwesenheit bestimmt. Die anderen neun Stücke Changs, die ihre Arbeit bisher vorwiegend in der New Yorker Performanceszene, an Orten wie Exit Art oder dem Clit Club zeigte, sind hier nur als Video und Fotografie verfügbar. Es sind aber nicht Dokumentationen, sondern eigenständige Nacherzählungen. Schon in »Fountain«, mit seinem merkwürdig auf das Pissoir Marcel Duchamps anspielenden Titel, erzeugt der Transfer vom Auftritt in die Medien Video und Fotografie den Effekt eines sich verselbstständigenden »Tableau Vivants«. Einzige Akteurin auf den Fernseher-großen Guckkastenbühnen ist immer Chang. Die Konstellation ist dabei bestechend einfach: In jeder der Miniaturen stellt sie die Erzählung über den latent verdrehten Umgang mit einem metaphorisch auf- bis überladenen Gadget her. Als Geräte der Zeichenproduktion dienen Würste, Candies, Eisblöcke, Eier, Melonen, Gummipuppen und verschiedenen Klingen. Zwischen Fressen, Lutschen, Schmelzen, Zerplatzen, Kämpfen und zerschnittenem Fleisch stellt sich aber gerade nicht die zu erwartende Behauptung eines in der Zeit authentisch produzierten Körpers ein.
Vielmehr entwerfen die wie aus einem physischen Erinnerungsmodus isolierten Figuren eine theatralisch anmutende Zwischenrealität, in der sich der Körper immer schon mit der Ebene seiner Repräsentation verschränkt hat. Dieses heiter bis groteske Spiel mit in das Gegenteil ihres intendierten Gebrauchs gekehrten Versatzstücken der Body-Art erlaubt es ihr, eindringliche Bilder zu erzeugen, ohne sich in einer Erzählung körperlicher und geschlechtlicher Schicksalhaftigkeit zu verfangen. Besonders deutlich wird dies in dem mit einer Art B-Movie-Komik kokettierenden Stück »Melon, At a loss«. Während Chang von ihrer an Brustkrebs gestorbenen Tante erzählt, schneidet sie mit einem großen Küchenmesser mitten durch den BH in ihre Brust. Statt Fleisch und Innereien teilt sie aber eine Honigmelone in zwei Hälften. Sie entfernt die Kerne aus der noch immer in ihrem BH hängenden »Prothese« und legt sie auf einen Teller, den sie auf ihrem Kopf trägt. Ohne ihre Geschichte zu unterbrechen, beginnt sie das Fruchtfleisch zu essen. Die Assoziationskette liegt so weit offen, dass die Vorstellung, einen fixierten Körper zu beschreiben, zur Burleske gerät, während es ihr in der gleichen Bewegung gelingt, die körperliche Ebene mit ihrer Metaphorik so weit zu verschmelzen, dass diese sich synästhetisch zuspitzen. Diese Gleichzeitigkeit von Übertragungstechniken macht es ihr nicht nur möglich, sich einem ungreifbar erscheinenden Thema anzunähern, sondern auch die mediale Transformation zu einer zwingend erscheinenen Fortführung der Handlung zu machen.