Es war schon immer klar, dass diese letzte Inkarnation der British Art Show ein gewisses »Am-Morgen-danach«-Gefühl vermitteln würde: fünf Jahre nachdem die British Art Show 4 das Ende des An-fangs der yBa-Generation (young British artists) kennzeichnete und zu einem Zeitpunkt bei dem die aktuellen Äußerungen in den regionalen Kunstmedien vorwiegend von britischen KünstlerInnen stammen, die in den letzten bedeutenden Ausstellungen übergangen wurden, sowie von hypemüden KuratorInnen, die sich ihre Eindrücke anderswo holen müssen.
Ein Blick auf die Berichterstattung über die unter British Art Show 4 firmierenden Ausstellung am Gold-smith's College zeigt, dass die Mehrheit der Kommentatoren sich sehr wohl der Tatsache bewusst war, dass BAS4 den entscheidenden Moment eines kulturellen Phänomens darstellte, und dass sie sie auch als jenen Zeitpunkt erkannten, zu dem die aufstrebenden Karrieren vieler Beteiligter unweigerlich einen Knick erfahren sollten. Deshalb sollte es auch nicht überraschen, dass viele der damals Vertretenen - mit Ausnahme eines ehrenwerten halben Dutzends etwa (Damien Hirst, Gary Hume, Rachel Whiteread etc.) - sich heute mit abnehmenden Ausstellungsmöglichkeiten abfinden müssen (eine Tatsache, die auch Co-Kurator Matthew Higgs in seinem Bei- trag für den Katalog zur BAS5 bestätigt). Dass sich viele KünstlerInnen heute hilflos in einer feindlichen Umgebung, die sie selbst unabsichtlich mitgeformt haben, wiederfinden, ist eine der Ironien des von der BAS5 präsentierten Bildes der britischen Praxis - ein »unsicheres Reich«, um eine kürzlich organisierte britische Gemäldeausstellung zu zitieren, ein Reich, das offensichtlich von jenen in Besitz genommen wurde, die vor fünf Jahren noch an seinem Rand standen. Higgs verweist hier auf verschiedene von KünstlerInnen geschaffene Ausstellungsorte als natürliche Teilbereiche der BAS5. Einige dieser Bereiche, wie etwa das Annual Programme in Manchester, entstanden einzig als Nebeneffekt des inspirierenden, zugeich exklusiven Erfolgs der yBas.
Wenn die Auswahl der etwa 50 KünstlerInnen der BAS5 durch irgendetwas gekennzeichnet ist, dann durch die Anerkennung eines (wahrscheinlich illusorischen) stoischen Strebens. Tracey Emin ist vertreten, mit handgefertigten Quilts und Drucken allerdings, an denen sie hart arbeiten musste, anstatt mit den wesentlich berühmteren Beispielen ihrer Selbstmythologisierung. Und die Tatsache, dass die KuratorInnen darauf bestanden, die gezeigten Arbeiten als Beginn eines Dialogs - mit anderen Arbeiten, mit einem mit den Arbeiten noch nicht vertrauten Publikum etc. - zu sehen, lässt Emins Arbeit neben den Pro- jekten von Dean Hughes und Kathy Prendergast etwas zurücktreten. Prendergasts präzise Stadtbilder und Hughes' unabsichtlich obsessi- ve Anwendung von Systemkunst auf Objekte des täglichen Lebens sind sozusagen Vorzeigearbeiten der BAS5 - unauffällig schöne und bewusst gewählte Gegensätze zum Spektakulären: nicht unbedingt »würdig« - der kritische Verdacht gegenüber den gut gemeinten, aber fehlgeleiteten Versuchen der Blair-Regierung, sozial ausgerichteten Kunst mittels Gesetzen ins Leben zu rufen, ist zu weit verbreitet, als dass die BAS5 in diese Falle gehen könnte -, aber sicherlich bemüht; und kuratorisch aufbereitet, als hätten die teilnehmenden KünstlerInnen damals beschlossen, 5 Jahre nicht nach draußen zu gehen, um ihre eigenen Visionen zu verfolgen, wartend, bis die lärmenden Kinder verschwunden waren.
Der Gesamteindruck ist gedämpft, wenngleich durch eigenwillige Entscheidungen durchbrochen. An einem Ausstellungsort findet man eine Reihe von David-Hockney-Camera-Lucida-Bildern neben einem Fotodruck von Donald Rodney, welcher offensichtlich aus der Wanderausstellung des Arts Council herausgegriffen wurde. Die Arbeiten der einzelnen KünstlerInnen sind über verschiedene Ausstellungsorte verstreut, und ein gewisser - die letz te Auswahl reflektierender - Eklektizismus in Bezug auf das Alter der KünstlerInnen und regionale Beiträge ist deutlich zu erkennen. Und trotzdem lastet der Schatten der letzten Show schwer auf der BAS5, die wohl eher mit der 1990er-Ausstellung zu vergleichen ist, da auch sie für eine Übergangsphase steht, was noch durch das Gefühl verstärkt wird, einen Wendepunkt passiert zu haben.
Übersetzt von Petra Schwaiger