Heft 4/2001 - Lektüre



Christian Kravagna, Kunsthaus Bregenz (Hg.):

Das Museum als Arena

Institutionskritische Texte von KünstlerInnen

Köln (Verlag Walther König) 2001 , S. 77

Text: Justin Hoffmann


Mit diesem Reader stellt Christian Kravagna die Institutionskritik neu zur Diskussion. Doch was bedeutet die Veröffentlichung von Dokumenten dieser Praxis ungefähr zehn Jahre nach der Phase ihrer weitesten Verbreitung und sieben Jahre nach der Veröffentlichung von Peter Weibels Band »Kontextkunst«? Haben sich die Argumente für und wider inzwischen verändert? So wurde behauptet, die »Institutional Critique« sei im Laufe der neunziger Jahre vom Kunstbetrieb vereinnahmt worden, Kunstinstitutionen würden ihre institutionelle Kritik auch im Sinne der Eigenwerbung selbst in Auftrag geben. Sie wäre eine Art Selbstreflexion, eine Beschäftigung von KünstlerInnen mit dem Kunstsystem, die andere gesellschaftliche Fragen weitgehend ausblendet. Das Buch geht auf diese Kritik der Kritik nicht ein. Gab es seit dem genannten Zeitpunkt eine neue Entwicklung, die die Herausgabe dieses Buches legitimiert? Nur in dem Sinne, dass sich das Museum, mit dem sich die institutionelle Kritik bevorzugt beschäftigt, verändert, sich bisweilen von einer weihevollen Stätte in einen Amüsierbetrieb verwandelt hat. Christian Kravagna betont vor allem die Öffnung gegenüber der Populärkultur; auch die gängige Praxis von Unternehmen, das Museum als repräsentativen Rahmen für Festivitäten zu gebrauchen, wird erwähnt. Der Anlass dieses Buches liegt zunächst in der Reaktion auf eine andere Publikation des Kunsthauses Bregenz mit dem Titel »Museumsarchitektur«, in der KünstlerInnen ausgehend von einem Kunstautonomiebegriff ihre Vorstellungen einer (idealen) musealen Präsentation formulieren. Dieser Veröffentlichung wollte Christian Kravagna ein Buch zur Seite stellen, das die Funktion und Wirkung von Kunstinstitutionen prinzipiell untersucht und teils in Frage stellt. Er beginnt dabei mit Texten aus den sechziger Jahren (beispielsweise von Allan Kaprow), die das Museum als Grabstätte für vitale künstlerische Formulierungen begreifen und seine Schließung fordern. Das Zentrum dieses Bandes bilden jedoch Texte der ProtagonistInnen einer konzeptuell orientierten, politischen Kunst wie Hans Haacke, Michael Asher oder Andrea Fraser, die die Machtverhältnisse und die normierende Wirkung des Museums beleuchten. In diesem Zusammenhang ist auch der Titel des Readers, »Museum als Arena«, zu sehen. Das Museum stellt letztlich einen begehrten Ort dar, um den verschiedene gesellschaftliche Gruppen mit unterschiedlichen Praxen und Vorstellungen kämpfen. Schade ist, dass diese interessante Sammlung von Texten nur wenig kontextualisiert wird. Auch der Zusammenhang, in dem diese Dokumente der institutionellen Kritik (Kataloge, Zeitschriften, Briefe, Gespräche etc.) ursprünglich erschienen sind, wird nicht näher beschrieben. Interessanterweise gehen die neueren Texte in ihren Überlegungen über das Museum weit hinaus und widmen sich verstärkt dem Einfluss von Sponsoren auf unkonventionellere Praxen: Als habe der Ausgangspunkt dieses Buches, das Museum, insgesamt an Bedeutung verloren und sich die institutionelle Kritik heute großteils auf andere Bereiche wie »Kunst im öffentlichen Raum«, »Event-Kultur« oder »Kunst und Internet« verlagert.