Heft 4/2001 - Lektüre
Die kürzlich bei Edition Selene erschienene Publikation versammelt eine Auswahl von Beiträgen der gleichnamigen Symposiumsreihe »Education, Information, Entertainment«, die von 1996 bis 2000 am Institut für Gegenwartskunst an der Akademie der bildenden Künste, geleitet von Ute Meta Bauer, stattfand. Die nun vorliegende Veröffentlichung der großteils mehrfach überarbeiteten Vorträge zeichnet die Bemühungen verschiedener AkteurInnen nach, das Terrain der Kunstausbildung neu zu kartografieren und Gegenentwürfe zu den üblichen disziplinarischen Vorgaben zu entwickeln. Dies scheint nicht nur allein deswegen nötig, weil - wie seit Jahren diskutiert - das Modell der Kunstakademien mit ihren Lebenszeitprofessuren im Sinne gesellschaftsrelevanter Kunstproduktion überholt ist, ebenso wie es Meisterklassen oder vergleichbare Konzepte autonomer Autorschaft und Originalität sind. Gegenentwürfe sind aber auch deshalb gefordert, weil ein gesamtgesellschaftlicher Wandel zu verzeichnen ist, in dem die Kulturindustrie und ihre Werke immer größere Bedeutung gewinnen, gleichzeitig aber die ProduzentInnen selbst kaum überleben können. »Kulturalisierungsprozesse« sind zudem auch in der Politik, der Theorieproduktion (Cultural Studies) oder in Handbüchern der New Economy zu finden, wie etwa Helmut Draxler verdeutlicht. Ute Meta Bauer stellt darüber hinaus in ihrem eigenen Beitrag einen diskurstheoretischen Zusammenhang her zwischen Ansätzen der post-operaistischen Theoretiker und dem erweiterten Feld kultureller Tätigkeiten. Mit dem Begriff der immateriellen Arbeit werden Tätigkeiten bezeichnet, die keine materiellen »Werke« oder »Produkte« hervorbringen, sondern soziale, emotionale und intellektuelle, die in der so genannten Informationsgesellschaft immer wichtiger werden. Diese Annahme dient im Buch als Schaltstelle, zwischen einem gesamtgesellschaftlichen Wandel und einer Hybridisierung kultureller Artikulation und entsprechender Praxisformen in den späten neunziger Jahren.
Ein anderer Schwerpunkt der Publikation liegt auf dem Zusammenhang und Zusammenspiel von Theorie und Praxis (Susanne Lummerding, Oliver Marchart) und dem damit einhergehenden Vorschlag, die künstlerische Hochschulbildung universitär anzulegen (Eva und Attila Kosa). Gerade aber hier zeigt der insgesamt durch ausgezeichnete Einzelbeiträge getragene, spannende und kulturpolitisch wichtige Reader seinen Schwachpunkt: Außer im Fall der Freien Klasse Wien werden Praxis- oder konkrete Unterrichtsformen nicht konkret vorgestellt. Unterschlagen wird damit, dass kulturelle und gestalterische Arbeit sich immer schon dadurch auszeichnete, dass sie intellektuelle und manuelle Praktiken, Denken und Handeln, Theorie und Praxis miteinander in eine zeitlich kontinuierliche Beziehung setzt.