Heft 1/2019 - Post-Jugoslawien
Die Serie Borders Without Borders (2016–17) besteht aus 18 Fotografien leer stehender Grenzgebäude an ehemaligen Schengen-Grenzen. Wenngleich diese im Augenblick verlassen und funktionslos sind, bilden sie doch Mahnmale der alten Grenzen. Für Menschen indes, deren Bewegungsfreiheit immer noch von Grenzkontrollen eingeschränkt sind, sind die Grenzgebäude mehr als bloß Denkmäler. Sie wühlen schmerzliche Erinnerungen an Zurückweisung und Schrecknis auf.
Während derzeit im Schengen-Raum der Grenzschutz verstärkt wird, wurden diese Grenzgebäude fotografiert, um damit die (Un-)Glaubwürdigkeit internationaler Grenzen zu thematisieren. Immerhin haben die meisten Staaten eine bisweilen konfliktreiche Geschichte gemeinsam, in deren Laufe Kriege über Grenzen entschieden. Ähnliches geschah auch zwischen Jugoslawien und Albanien, als die EU ihre Innengrenzen auflöste. Die Grenzkontrollen zwischen den genannten Ländern, die seit Jahrzehnten ganze Familien auseinandergerissen haben, wurden weiter verstärkt.
Die Fotografien zeigen Grenzgebäude, deren Bauweise auf die gemeinsame Geschichte der EU-Mitgliedsstaaten verweist. Gleichzeitig werden wir mit ihrer Verlassenheit konfrontiert. Werden sie bestehen bleiben und, wenn ja, welche Rolle werden sie zukünftig spielen? Werden sie als Mahnmale fungieren oder werden sie vielleicht wie das Grenzgebäude an der Erjavčeva-Straße, die einst das italienische Gorizia vom slowenischen Nova Gorica trennte, die Chance bekommen, als Kulturstätte zu dienen?
Fotografien: Emanuel Gjokaj
Alban Muja wurde 1980 in Mitrovica, Kosovo geboren. Er schloss ein Bachelor- und Masterstudium an der Fakultät für Künste der Universität Pristina ab und wird auf der 58. Venedig Biennale 2019 den kosovarischen Pavillon bespielen.
Übersetzt von Thomas Raab