Heft 1/2021 - Geschichte reparieren
Europäische Waren, gegen die man SklavInnen eintauschen konnte, wurden speziell für diesen Zweck hergestellt. Manillen waren eine Einwegwährung, die von den Europäern zwar als Bezahlung angeboten, jedoch niemals angenommen wurde. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts setzten die Portugiesen den Wert eines Sklavenlebens mit 12 bis 15 Manillen fest.1 Birmingham war der wichtigste britische Produzent von Messingmanillen, noch ehe die Stadt ihre zentrale Stellung in der industriellen Revolution erlangte. Die Briten verwendeten zudem überall in Europa erworbene Billigperlen, um SklavInnen zu kaufen. Eric Williams spricht von einem „Dreifachstimulus für die britische Industrie“ – erstens durch den Export britischer Waren, die für den Kauf von SklavInnen hergestellt wurden, zweitens die Verarbeitung von Rohstoffen, die von SklavInnen angebaut wurden, sowie drittens die Bildung neuer Kolonialmärkte für die in Großbritannien hergestellten Produkte.2 Die europäische Produktion von Waren für den Sklavenhandel stützte also die britischen Fertigungsmärkte. Demgemäß galt der britische Handel in Westafrika als nahezu hundertprozentig profitabel.
„Noch schätzenswerter und wichtiger macht den Neger-Handel, dass für beinahe neun Zehntel dieser Neger in Afrika einzig mit britischen Waren und Fabrikaten bezahlt wird. […] Wir brauchen kein Hartgeld oder Edelmetall zur Bezahlung afrikanischer Produkte, führen von dort aber gewiss sehr große Goldmengen ein. […] Mithin kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der Handel mit Afrika gewissermaßen dem vollen Profit der Nation dient.“3
Die für den Sklavenhandel produzierten Waren, die innerhalb Europas so gut wie wertlos waren, wurden pacotille genannt. Pacotille ist Französisch und bedeutet so viel wie „Mist“, auf Englisch „rubbish“.4
Übersetzt von Thomas Raab
1 A. H. M. Kirk-Greene, The Major Currencies in Nigerian History, in: Journal of the Historical Society of Nigeria, 2/1 (Dezember 1960), S. 146.
2 Eric Williams, Capitalism and Slavery, 2. Auflage 1944. Nachdruck Chapel Hill: The University of North Carolina Press 1994, S. 52.
3 Malachy Postlethwayt, The National and Private Advantages of the African Trade Considered, 2. Auflage. London: John and Paul Knapton 1746; London: William Otridge, Bookseller 1772, S. 3. Zitiert nach der Otridge-Ausgabe.
4 Marie-Hélène Corréard, pacotille, in: Pocket Oxford-Hachette French Dictionary: French-English. Oxford: Oxford University Press 2007, S. 594.