Heft 1/2001 - Artscribe


Perfect Match, im Rahmen von Capital & Gender

26. Januar 2001 bis 27. Januar 2001
/ Skopje

Text: Dorothée Bauerle-Willert


Match: das Gleiche, das Passende, Heirat, Wettbewerb. Die Ausstellung »Perfect Match«, die im Rahmen des Projekts »Capital and Gender«, organisiert und kuratiert von Suzanna Milevska im Shopping Center, Skopje, stattfand, kreiste rund um diesen Bedeutungsfächer ? und vielleicht auch um die alte Frage des Ineinanders von making und matching, von Bilden und Nachbilden in der Kunst. Der Ort, den die Kuratorin für ihr Projekt gewählt hat, die City Shopping Mall, die bereits in den späten siebziger Jahren, also lange vor der Wende, gebaut wurde, funktioniert dabei als Metapher für den alten Wunsch der Menschen, den passenden Partner, seine andere Hälfte zu finden, und für die Strategien, die die Erfüllung dieser Sehnsucht erst ermöglichen: Nicht erst in Zeiten des Kapitalismus muss um die Liebe ja geworben werden. Kleider, Kosmetik, Attribute des Lebensstils dienen, steigern, umrahmen, produzieren die persönliche Anziehungskraft, die dann vielleicht in Liebe mündet. Ein Wechselspiel von Innen und Außen, das dann natürlich auch die Frage nach dem Innen, der schönen Seele, um deretwillen man geliebt werden möchte, selbst stellt. Gibt es überhaupt so etwas wie diesen inneren Kern, oder formt sich dieses Selbst nicht vielmehr erst im Sich-Zeigen und in der Wirkung auf den andern, der sich gleichsam auf unserer Oberfläche, im Körper, in Gesten und Handlungen spiegelt?

Diesen Körper als Instrument und Projektionsfläche stellt beispielsweise das Video von Rassim dar, das Bodybuilding-Übungen, hin zu einem perfekt durchgestylten Körper, zeigt. Fast klassizistisch modelliert Rassim ein ideales Menschenbild - allerdings nicht in Marmor oder Bronze, sondern mit dem und am eigenen Körper. Auch Tanja Ostojic stellt ihren Körper aus - im Internet -, als Heiratsannonce für den idealen Ehemann, der sich vor allem durch den Besitz eines EU-Passes qualifiziert. Eine Recherche auf mehreren Ebenen: Es geht um den Status und die Hoffnung vieler Frauen in wirtschaftlichen schwächeren Teilen der Welt, neue Möglichkeiten der Kontaktanbahnung, Voyeurismus und dessen Bruch, Ent-hüllung und Ent-larvung. Mit dem Sexappeal und seinen Kosten geht auch Luchezar Boyadjiev um, wenn er Etiketten für weibliche Dessous oder männliche Unterwäsche ausgibt, die den prozentuellen Zuwachs an sexueller Attraktivität, der sich durch den Kauf dieser Dinge ergibt, fixieren sollen. Natürlich gab es in der Ausstellung auch Geschichten von der Liebe, um die Liebe herum: »Love and Interest« von Slavica Janeslieva, eine Erzählung über die Hochzeit der Großeltern, die Performance »swing« von Zoran Naskovski und Jelena Jocic, die das alte Bild des Schaukelns als Verführungsspiel zitierte, oder die »Kits for the Gloves to save the marriage« von Maja Bajević, die man bei der Künstlerin bestellen kann, wenn die Ehe in Gefahr ist.

Versammelte das Ausstellungsprojekt vielfältige Lektüren von Körpergesten, die sozusagen auf dem Markt sind, so leitet die interaktive CD-ROM »Troubles with Sex, Theory and History« von Marina Grzinic und Aina Smid bereits über zu dem Symposium, in das die Ausstellung eingebettet war. In ihrer Collage aus Bild- und Textzitaten aus Geschichte, Theorie und Popkultur, die um die Gender-Problematik kreisen, entfalten die Künstlerinnen ein interaktives Labyrinth, in dem die MitspielerInnen durch ihre Wahl per Mausklick die Geschichte erfinden. Welche Bilder und Geschichten heute von uns selbst zu entwerfen sind, wie diese Geschichten durch die Globalisierung und Kapitalisierung ehemalig kommunistischer Länder affiziert oder verändert werden, dies war das Thema der Konferenz, die KunstkritikerInnen, KuratorInnen und KünstlerInnen vor allem aus den Balkan-Ländern zu Vorträgen und zur Diskussion dieser komplexen Angelegenheit einlud. Wichtiger als konkrete Ergebnisse der Debatte waren hier (wie oft) die vielen Fragen, die das Symposium aufwarf - und die Animation zum Weiterdenken.