Heft 1/2002


Kartografien

Editorial


»Kartografien« - unter diesem Stichwort versammelt das Frühjahrsheft 2002 von springerin Beiträge, die künstlerische Ansätze und kulturelle Entwicklungen im globalen Gefüge zu verorten versuchen. Sollten »Kartografien« im herkömmlichen Theoriekontext den Zusammenhang von symbolischen und materiellen Praktiken erschließen helfen, so zielen zahlreiche jüngere Unternehmungen darauf ab, so genannte »Mappings« von global-ökonomischen und damit auch -kulturellen Verschränkungen zu erstellen. Erst so lassen sich geopolitische Machtkonstellationen sicht- und fassbar machen.

Die Bandbreite solcher Sichtbarmachungen reicht von geografischen Schlaglichtern auf einzelne, bislang kaum berücksichtigte Szenen über Navigierhilfen durch Neue-Medien-Welten bis hin zum Aufzeigen der Produktions- und Rezeptionsbedingungen im globalen Diaspora-Kino. Das Dilemma südosteuropäischer Identitäten zwischen »nachbarschaftlicher« Differenz und ungehemmter Verwestlichung kommt dabei ebenso zur Sprache wie die spezifischen Versprechungen aufstrebender (Medien-) Kunstszenen in Zentralasien, Estland oder Australien. Konkrete Kartografie-Projekte wie jene der Konzeptgruppen Bureau d'études und Multiplicity lassen welt- oder Europa-strategische Machtspiele anschaulich werden und widmen sich, wie auch die hier ausführlicher diskutierten Ausstellungen »First Story ...« oder »Die Gewalt ist der Rand aller Dinge«, der Darstellbarkeit kollektiver politischer Optionen. Schließlich gilt für eine Vielzahl der Beiträge, dass sie sowohl die Symptome als auch mögliche Diagnosen gegenwärtiger Konfliktszenarien »kartografisch« und damit emanzipatorisch verzeichnen wollen.