Heft 1/2003 - Bilder-Politik


Azra Akin, Agbani Darego, Ayaan Hirsi Ali, Amina Lawal

Jeroen de Rijke & Willem de Rooij


Am 17. November 2001 wurde die achtzehnjährige Agbani Darego aus Nigeria zur Miss World gewählt. Moderiert wurde die Endausscheidung in Sun City, im Herzen Südafrikas, von Jerry Springer. Ehrengast war Nelson Mandela. In jenem Jahr siegte der Stolz über die gewohnte Kritik1 an der Bikini-Parade: Darego war die erste schwarzafrikanische Miss World und somit ein leuchtendes Beispiel für viele Mädchen und Frauen in ganz Afrika, für die Hellhäutigkeit immer noch das höchste Schönheitsideal darstellte.2 Darego, die im Süden Nigerias lebt, machte ausdrücklich klar, dass sie Christin ist. Ihr besonderer Dank galt daher Gott, dem sie stets dafür dankbar sei, dass er ihr Leben mit seiner Liebe gekrönt hat.

Nachdem Nigeria lange Zeit von einem Militärcoup in den nächsten geschliddert war, verfügt es seit 1999, dem Jahr, in dem Olusegun Obasanjo an die Macht kam, über eine gewählte Regierung. Doch die durch die Rückkehr einer zivilen Regierung eingeleitete politische Liberalisierung verschaffte auch militanten VertreterInnen unterschiedlicher ethnischer und religiöser Gruppen3 die Möglichkeit, ihre Frustration offener und mit wachsender Brutalität zum Ausdruck zu bringen. Seit 1999 sind Tausende von Menschen in Kämpfen zwischen den verschiedenen Volksgruppen umgekommen; in einigen Gruppen kam es außerdem verstärkt zu separatistischen Bestrebungen. Die Einführung des islamischen Gesetzes, der Scharia, in zwölf der verarmten, überwiegend islamischen Bundesstaaten des Nordens hat die Spaltungen noch verschärft. Mehr als 3000 Christen mussten bei blutigen Protestmärschen ihr Leben lassen, woraufhin Tausende in die südlichen Bundesstaaten flohen. Die Gerichte der Scharia verhängten strenge Strafen, darunter die Prügelstrafe sowie Amputationen für Gesetzesüberschreitungen wie Diebstahl4 und Ehebruch.
Am 22. März 2002 wurde die 30-jährige Muslimin Amina Lawal von einem Scharia-Gericht in Bakori im nördlichen Bundesstaat Katsina zum Tod durch Steinigung verurteilt. Amina hatte eingestanden, ein Kind bekommen zu haben, obwohl sie geschieden war. Der als Kindsvater genannte Mann bestritt, Sex mit ihr gehabt zu haben. Daraufhin wurde die Anklage gegen ihn fallen gelassen. Während des ersten Verfahrens, in dessen Verlauf auch das Urteil gefällt wurde, hatte Amina keinerlei Rechtsbeistand. Erst als sich nigerianische Menschen- und Frauenrechtsorganisationen zusammenschlossen und eine Rechtsanwältin engagierten, legte sie Berufung gegen das Urteil ein. Doch am 19. August bestätigte das Scharia-Berufungsgericht in Funtua das Todesurteil durch Steinigung gegen Lawal. Diese Bestätigung war ein Schock für die zivilisierte Welt sowohl in Nigeria als auch außerhalb, insbesondere für diejenigen, die aktiv für den Schutz der Rechte Aminas eingetreten waren.
Am 27. September 2002 legte Amnesty International den nigerianischen VertreterInnen des Londoner Hochkommissariats eine 1,3 Millionen Unterschriften umfassende Petition für Amina Lawal vor, die wahrscheinlich eine der größten Mobilisierungen in der Geschichte des Internets darstellt.

Der Fall Amina Lawal warf einen Schatten auf die bevorstehenden Miss-World-Wahlen 2002, die am 30. November in Abuja, der Hauptstadt Nigerias, stattfinden sollten. Die Teilnehmerinnen aus Frankreich, Kanada, Belgien, der Elfenbeinküste und Norwegen drohten mit dem Boykott der Veranstaltung, sollte Aminas Fall nicht im positiven Sinne entschieden werden. Die Finalistinnen aus Costa Rica, Dänemark, der Schweiz, Panama und Südafrika hatten sich bereits gegen eine Teilnahme entschieden. Diejenigen, die sich erhofft hatten, dass allein ihre Anwesenheit in Nigeria als eine Art Statement funktionieren würde, wurden Opfer sowohl christlicher als auch muslimischer Kritik an der Bikini-Parade: In Nigeria galt das Zeigen nackter Oberschenkel als äußerst kontrovers. Die muslimische Gemeinde war zudem nicht mit dem Austragungsdatum der Endausscheidung am 30. November einverstanden, da dieser Tag in die letzte Woche des Fastenmonats Ramadan fiel. So konnten die Vorbereitungen für den Wettbewerb erst fortgesetzt werden, als der Termin auf den 7. Dezember verschoben worden war und nachdem die nigerianische Regierung eine offizielle Erklärung zur Strafverfolgung von Amina Lawal abgegeben hatte: »Wir betonen erneut, dass in Nigeria kein Mensch zum Tod durch Steinigung verurteilt wird. Nigeria wird seine verfassungsmäßigen Rechte einsetzen, um jeder negativen gerichtlichen Entscheidung entgegenzuwirken, die sich als nachteilig und schädlich für sein Volk auswirken könnte.«5
Amina, die weder schreiben noch lesen konnte und in ihrem Dorf keinen Zugang zu Radio oder Zeitungen hatte, hatte noch nie etwas von den Miss-World-Wahlen gehört, als man sie nach ihrer Meinung6 zu dem Boykott befragte, den einige der schönsten Frauen der Welt ihretwegen veranstalteten. Sie ließ jedoch klar verlauten, die Show solle ruhig weitergehen: »Lasst sie kommen. Ich weiß, dass sich alles zum Guten wenden wird, denn meinetwegen kommen Leute aus der ganzen Welt.«
Und so fanden sich die angehenden Missen in ihrem Bestreben, die Aufmerksamkeit auf die Rechte unterdrückter muslimischer Frauen zu lenken, im feministischen Lager wieder und wurden damit dem neuen Motto des Wettbewerbs vollends gerecht, das da lautete »Beauty with a Purpose«.

Am Samstag, dem 16. November, kommentierte die 24-jährige Isioma Daniels, eine in England aufgewachsene Christin, die muslimischen Reaktionen zum Miss-World-Spektakel in Nigerias beliebter Tageszeitung ThisDay wie folgt: »Die Moslems fanden es unmoralisch, 92 Frauen nach Nigeria zu bringen, um sie zu bitten, in Eitelkeit zu schwelgen. Was würde (der Prophet) Mohammed darüber denken? Seien wir doch ehrlich, er hätte sich wahrscheinlich eine von ihnen (den Teilnehmerinnen) zur Frau genommen.«7
Die Empörung der Moslems über diese Aussage wuchs in den nächsten Tagen stetig an8, bis am Mittwoch, dem 20. November, Moscheen in der im Norden gelegenen Stadt Kaduna offiziell zu Demonstrationen gegen Daniels, ihren Artikel, ThisDay und die Misswahlen aufriefen.
Bei den Unruhen, die folgten, wurden mehr als 200 Menschen getötet. Tausende verloren ihre Bleibe oder wurden verletzt. Zwanzig Kirchen und acht Moscheen wurden zerstört und der Hauptsitz der Tageszeitung ThisDay in Kaduna niedergebrannt. Am Freitag, dem 22. November, griffen die Unruhen trotz einer förmlichen Entschuldigung in der am gleichen Tag erschienenen Ausgabe von ThisDay auf Abuja über. Vor der größten Moschee der Stadt riefen die DemonstrantInnen: »Nieder mit der Schönheit!«, während die Teilnehmerinnen der Misswahlen unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen im nahe gelegenen Abuja Hilton Hotel versteckt gehalten wurden.
Am 23. November beschlossen die Miss-World-OrganisatorInnen, die Endausscheidung und die Teilnehmerinnen nach London zu verlegen, und zwar »zum Wohle der Nation«, wie die Sprecherin des Wettbewerbs, Stella Din, es ausdrückte. Die Enttäuschung über die Absage der Veranstaltung traf Abuja schwer; die Aussichten auf Millionen von ZuschauerInnen weltweit, die einen Eindruck von Nigerias touristischer Pracht erhalten würden, lösten sich in Rauch auf.
Der Verlust der Investoren, darunter die staatliche Ölgesellschaft Nigerian National Petroleum Corporation, das Ministerium für Frauenfragen und Jugendentwicklung, die staatliche Fluggesellschaft Nigeria Airways sowie die Kinderwohltätigkeitsorganisation der First Lady, Stella Obasanjo, belief sich auf schätzungsweise 10 Milliarden Naira.9 Agbani Darego lies verlauten, sie sei »schockiert«, und bei Silverbird Productions, dem nigerianischen Organisator des Wettbewerbs, sprachen die MitarbeiterInnen von »einer nationalen Katastrophe«. Präsident Obasanjo behauptete, die Medien seien für die Kontroverse um die Miss-World-Wahlen verantwortlich.
Im nördlichen Bundesstaat Zamfara rief der Vizegouverneur Mamoudu Shinkarfi eine Fatwa gegen Isioma Daniels aus. Shinkarfi sagte im staatlichen Fernsehen: »Jeder echte Moslem würde dafür sorgen, dass das Blut dieser Frau vergossen wird, wo immer sie auch sei.« Obgleich die Berechtigung der Fatwa von Moslems in der ganzen Welt angezweifelt wurde, gab Daniels ihren Posten auf und floh in die USA.

Unterdessen wurde in den Niederlanden eine weitere junge Frau aufgrund ihrer freimütigen Ideen von radikalen Moslems bedroht.
Eine Kurzbiografie: Ayaan Hirsi Ali wurde 1969 in Somalia geboren. Ihr Vater, ein politischer Aktivist, musste 1975 sein Heimatland verlassen, weil er den Diktator Mohamed Siad Barre kritisiert hatte. Er ging mit seiner Familie nach Kenia. Trotz einer strengen islamisch-fundamentalistischen Erziehung durfte Ayaan zur Schule gehen. Dem Wunsch der Großmütter gemäß wurde sie jedoch beschnitten und im Alter von zwanzig Jahren mit einem Cousin verheiratet. Sie floh in die Niederlande, studierte dort Politikwissenschaften, wurde Vorstandsmitglied von Amnesty International und begann für die Wiardi Beckman Stiftung zu arbeiten, dem wissenschaftlichen Forschungszentrum der niederländischen Arbeiterpartei PvDA. Schwerpunktthema ihrer Arbeit wurde die Stellung muslimischer Frauen in den Niederlanden.
Zwanzig Jahre lang hatten linke Regierungen versucht, MigrantInnen in die niederländische Gesellschaft zu integrieren. Unter dem Motto »Integration mit Respekt für individuelle Identität« wurden Hunderte von staatlich geförderten Islam-Schulen, Hilfsorganisationen und Zufluchtsstätten gegründet. Hirsi Ali behauptete, all diese Institutionen förderten die Ausgrenzung muslimischer MigrantInnen aus der niederländischen Gesellschaft. Die sozio-religiösen Mechanismen, die dieser Ausgrenzung zugrunde lägen und die Probleme muslimischer Frauen (Beschneidung, arrangierte Ehen, Analphabetismus, soziale und finanzielle Abhängigkeiten, Isolation, Folter) unangetastet ließen, würden vollkommen übersehen. Hirsi Ali plädierte für radikale kulturelle Veränderungen, eine Aufklärung, die aus der moslemischen Gesellschaft selbst kommen müsse, einer Gesellschaft, die ihrer Ansicht nach zwanghaft andere für ihre eigenen Probleme verantwortlich mache. Unter linken KulturrelativistInnen seien diese Themen von jeher indiskutabel. Ayaan behauptete, diese hätten zwar für die Emanzipation westlicher Frauen gekämpft, die muslimischen Frauen allerdings im Regen stehen lassen: »Die Arbeiterpartei sagt mir als Migrantin nichts weiter, als dass ich das Recht zu meiner eigenen Rückständigkeit habe.«10
Als Hirsi Ali sich nach dem 11. September 2001 öffentlich vom Islam lossagte, begann ihr in London lebender Vater Morddrohungen zu erhalten; die meisten stammten von Flüchtlingen aus Somalia. Im darauf folgenden Jahr wurde Hirsi Alis Position noch deutlicher: Sie beschuldigte den Islam als Kultur und als Religion explizit des Missbrauchs an muslimischen Frauen, während ihre Partei, die PvDA, zwischen extremen und moderaten Moslems unterschied. Die Anzahl der Morddrohungen gegen sie nahm zu, und so beschloss sie um den 20. Oktober 2001 herum, Holland zu verlassen und sich (mit finanzieller Unterstützung der Beckmann Stiftung) in den USA zu verstecken, so wie Isioma Daniels. Dort verfasste sie einen kontroversen Artikel über eine kontroverse berufliche Entscheidung: Sie hatte beschlossen, die PvDA zu verlassen und der VVD, der niederländischen rechten liberalen Partei, beizutreten. Die Reaktionen des rechten Flügels reichten von enthusiastisch (»Zu Recht verlässt sie die PvDA. Die sollte man wegen Rassismus und Diskriminierung verklagen.«)11 bis skeptisch (»Sie ist nichts weiter als eine skrupellose Opportunistin.«)12. Was die Linke anbetraf, so wurde Hirsi Ali von einigen gewarnt (»Sie sollte sich darüber im Klaren sein, dass nicht nur moslemischer Fundamentalismus eine Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellt, sondern auch die Radikalisierung der Rechten. Ihre Aussagen können leicht von rassistischen Zellen missbraucht werden.«)13, andere wünschten ihr Glück (»Integration bedeutet, dass MigrantInnen nicht in der Isolation ihrer eigenen Minderheitengruppen verbleiben, sondern unabhängig entscheiden können, wem sie sich anschließen möchten.«)14.
Am 2. Dezember wurde Ayaan vom Wahlausschuss15 der VVD als Wahlkandidatin aufgestellt, womit sie zu dem wurde, was linke KritikerInnen
als »Hollands ersten wählbaren rechten Rechtfertigungs-Ali« bezeichneten. Im neo-populistischen post-»9/11«-Holland konnten althergebrachte linke oder rechte Positionen innerhalb der bestehenden politischen Verhältnisse nicht mehr als selbstverständlich erachtet werden, sogar (oder insbesondere) wenn es um die Rechte von muslimischen Frauen ging.

Am 7. Dezember 2002 wurde die Endausscheidung der Miss-World-Wahlen aus dem Londoner Alexandra Palace in 142 verschiedene Länder übertragen und erreichte nach Angaben der OrganisatorInnen weltweit mehr als zwei Milliarden ZuseherInnen. Im Verlauf der Show wurde – auf Bitten der Teilnehmerinnen – eine kurze Pause im Gedenken an Amina Lawal abgehalten. Siegerin des Wettbewerbs war Miss Turkey, die 21-jährige Azra Akin, geboren und aufgewachsen als türkische Migrantin dritter Generation in der ostniederländischen Kleinstadt Almelo. Azra nahm die Krone und 100.000 Britische Pfund16 in Empfang und ließ 92 Mitbewerberinnen hinter sich. Ihre Zimmergenossin in Abuja und London, Miss Holland Elise Boulogne, erreichte Platz 14.
In einer bizarren Zeremonie setzte Agbani Darego Akin die Siegeskrone auf das Haupt. Später erzählte Azra ReporterInnen, die Brutalität in Nigeria habe sie schockiert und fügte noch hinzu: »Ich wünschte, die Menschen auf der Welt würden respektvoller miteinander umgehen.«
Azra wurde die erste muslimische Miss World.

In Almelo waren die Reaktionen auf Azras Sieg gemischt. Nachbarn schmückten ihr Haus mit der niederländischen Flagge und erklärten: »Wir konnten keine türkische finden ...« Tubantia, eine Lokalzeitung, hostete auf ihrer Website hitzige Chatsessions: »Wenn sie Türkin sein will, soll sie doch in die Türkei gehen«, beschwerte sich ein Leser. Ein anderer antwortete: »Sie ist eine von uns. Auch die Tulpen kamen ursprünglich aus der Türkei ...« Nilgün Yerli, türkischer Kolumnist der Amsterdamer Tageszeitung Parool, vertrat die Ansicht, Azra hätte niemals die Chance auf irgendeine repräsentative Funktion erhalten, wäre sie in der Türkei aufgewachsen: »Diese Schönheit, die vier Sprachen spricht, ist ein Geschenk des niederländischen Bildungssystems an die Türkei.«
In der Türkei dagegen wurde sie allseits herzlich begrüßt. Azra, die, nachdem sie erfahren hatte, dass sie zur Miss Turkey gewählt worden war, während eines Sommerkurses Grundkenntnisse in der türkischen Sprache erlernt hatte17, wurde von Premierminister Gül persönlich empfangen. Und die Tageszeitung Hürriyet schmückte gar ihr Titelblatt mit einem Bikini-Foto von ihr: »das perfekte Beispiel einer modernen, weltoffenen muslimischen Frau.« Die Schlagzeile der populären Tageszeitung Milliyet lautete: »Azra führt die Türkei in die EU.«
Doch nur eine Woche später wurden die Hoffnungen der Türkei auf ein Datum für den Beitritt in die EU wieder zerstört; am 18. Dezember stimmte die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten während des EU-Gipfels in Kopenhagen gegen den Beitritt der Türkei. Der am häufigsten angeführte Grund war die Situation der Menschenrechte in dem Land.
Der amerikanische Präsident George Bush hatte bis zuletzt versucht, die Entscheidung in Kopenhagen zugunsten der Türkei zu beeinflussen. Nicht nur galten bei der Vorbereitung eines möglichen Kriegs gegen den Irak die Grenzen der Türkei zum ölreichen Norden des Landes18 als wichtig, Bush befürchtete zudem, dass eine Ablehnung der Türkei durch die EU dazu führen könne, dass enttäuschte TürkInnen leichter dem Fundamentalismus zum Opfer fallen.
Die Organisatorin und Mitbegründerin der Miss-World-Wahlen, Julia Morley, muss sich ähnliche Gedanken gemacht haben, als sie auf die Frage nach ihrer Reaktion auf die Unruhen in Kaduna konstatierte: »Was die Welt jetzt braucht, ist Tourismus, nicht Terrorismus.«

 

Übersetzt von Gaby Gehlen

 

De Rijke/de Rooijs Arbeit »Bouquet II, 2003« besteht aus vier Teilen:
1. Eine detaillierte und sachliche Beschreibung des Bouquets.
2. Eine detaillierte Liste mit Angaben über Arten, Farben und Mengen der verwendeten Blumen.
3. Ein vom Künstler unterzeichnetes Authentizitätszertifikat.
4. Eine Kopie des illustrierten Artikels »Azra Akin, Agbani Darego, Ayaan Hirsi Ali, Amina Nawal«.
Die erste Version von »Bouquet II, 2003« wurde von Joseph Free, Florist in West-Hollywood, L.A., arrangiert, und zwar zur Eröffnung der vergrößerten Regen-Projects-Galerie am 25. Januar 2003. Das »Bouquet II« ist von nebenstehendem illustrierten Artikel »Azra Akin, Agbani Darego, Ayaan Hirsi Ali, Amina Nawal« inspiriert. So wurde die Form der Arbeit von dem Foto beeinflusst, auf dem Azra Akin und Agbani Darego sich umarmen, was zu einem Splitting der Arbeit in zwei Teile führte. Ein Teil hat die Form eines Kegels und ist sehr kompakt. Die verwendeten Farben beschränken sich auf rot, weiß und blau; sie verweisen auf die niederländische Flagge, die türkische Flagge, die somalische Flagge, Azras Kleid und natürlich ihre Krone. Kleine Blumen wechseln sich mit großen ab. Die große Anzahl von Tulpen ist ein Verweis auf Holland und die Türkei sowie die Blumen auf dem Foto von Ayaan Hirsi Ali. Der andere Teil vermittelt eine ganz andere Stimmung: Die Grundform ist eckig und hager, wie Agbanis Körper. Er besteht aus dunklen Zweigen und weißen Orchideen sowie ein paar purpurnen Orchideen, die sich auf Aminas Kleid beziehen. Frische grüne Blätter und weiße Blumen verweisen auf die nigerianische Flagge. Die endgültige Ausführung der ersten Version von »Bouque II« kann als eine Kooperation zwischen Joseph Free und den KünstlerInnen betrachtet werden. Um sicherzustellen, dass die Arbeit die ganze Zeit über frisch und lebendig aussah, wurde sie während der Ausstellung mehrmals erneuert. Jesse McBride fertigte zu diesem Zweck für Regen Projects eine detaillierte Beschreibung der Arbeit von allen Seiten an. Anhand dieser Beschreibung und der Liste mit Blumen kann »Bouquet II« jederzeit neu geschaffen werden.

1 Die Proteste fanden nicht immer auf verbaler Ebene statt: 1970 warfen Feministinnen während der Misswahl in der Londoner Royal Albert Hall mit Mehltüten und trieben damit den Moderator, Bob Hope, von der Bühne. 1996 schoss die Polizei während der Endausscheidung im indischen Bengalor mit Tränengas und Plastikgeschossen auf Steine werfende Demonstranten, und ein Mann beging Selbstmord, indem er sich selbst anzündete.
2 Cremes zum Bleichen dunkler Haut waren sehr beliebt, aber auch gefährlich: Ernst zu nehmende Hautkrankheiten, offene Wunden und Narben waren keine Seltenheit. Kritische NigerianerInnen warfen den Miss-World-Wahlen vor, einzig und allein westliche Schönheitsideale wie »groß und schlank« in den Vordergrund zu stellen. Dabei würden in den meisten afrikanischen Ländern üppige Frauen als viel attraktiver angesehen. Die meisten Miss-World-Bewerberinnen glätteten sich daher das Haar, und viele ließen sich durch Schönheitsoperationen ihre Nasen verschmälern.
3 Nigeria zählt 250 verschiedene ethnische und religiöse Gruppierungen bei einer Bevölkerung von 120 Millionen Menschen. Nigeria ist Afrikas bevölkerungsreichstes Land.
4 Bei Diebstählen mit einem Mindestwert von knapp 7,5 Euro oder »dem Preis für eine Ziege«
5 Der nigerianische Bundesjustizminister erklärte Aminas Verurteilung für verfassungswidrig, lehnt es aber trotzdem ab, direkt einzugreifen. Wahrscheinlich wollte er den Ausbruch weiterer Krawalle vermeiden; bis zum heutigen Tag (22. 1. 2003) wurde die Anklage gegen Lawal nicht offiziell fallen gelassen.
6 Am 6. Oktober 2002 wurde Amina von Katsina, wo sie ohne ausländisches Besuchsrecht in einem Gefängnis festgehalten wurde, in die italienische Botschaft nach Abuja gebracht. Dort traf sie Elizabetta Zamparutti und Sergio D’Ella, VertreterInnen der Menschenrechtsorganisation Hands of Cain, sowie Roberto Giachetti und Benedetto Della Vedova, Abgeordnete des italienischen Parlaments. Die italienische Delegation war angereist, um ihre Sorge über Amanias Situation zum Ausdruck zu bringen. Am 23. Oktober schickte Sergio D’Ella einen offiziellen Brief an Julia Morley, die Organisatorin der Misswahlen. Der Brief enthielt Auszüge aus dem Gespräch mit Amina.
7 In ihrem kritischen Artikel mit dem Titel »Miss World 2002: The World at their Feet«, rechnete Daniels neben den Moslems auch mit anderen Gegnern der Misswahlen ab: »Die Pragmatiker fragten sich, warum soviel Geld ausgegeben würde (...) für etwas so Oberflächliches wie einen Schönheitswettbewerb, wenn es doch Dinge gäbe (...) wie kollabierende Wirtschaftunternehmen, galaxieweite Arbeitslosigkeit (...) und Armut, für die nicht halb so viel Engagement aufgebracht wird wie für einen Schönheitswettbewerb. Außerdem findet der Wettbewerb in (...) zwei Bundesstaaten einer Föderation mit 36 Bundesstaaten statt (...). Für das übrige Nigeria hätte jeder Morgen, den diese Frauen im Land verbringen, keine direkten Auswirkungen auf (...) das Leben. Die meisten Teilnehmerinnen kommen aus privilegierten westlichen Ländern wie Holland und Australien.«
8 Die meisten Moslems sagten, sie seien durch Textmeldungen auf ihren Mobiltelefonen auf den in ihren Augen beleidigenden Artikel aufmerksam geworden.
9 10 Milliarden Naira entsprechen ungefähr 746 Millionen Euro. (Stand 22. 1. 2003)
10 Ayaan Hirsi Ali, »De zoontjesfabriek«, Seite 55
11 Chatforum der JOVD (Jugendorganisation der VVD), http://www.jovd.com/forum/
12 Chatforum der Stadepartij (Stadtpartei) Rotterdam, http://www.stadepartij.nl/forum/
13 Eric Krebere, »Bedreigde Ayaan Hirsi Ali verdient linkse steun« unter www.dofobal.nl/forum/
14 Bart Tromp, PvDA-Ratsmitglied der Stadt Den Haag, unter http://www.denhaag.pvda.nl/
15 Die rechte Koalition aus CDA (Christdemokraten), VVD und LPF (rechte Volkspartei) wurde aufgrund interner Machtkämpfe innerhalb der LPF im Oktober 2002, fünf Monate nach den Wahlen, aufgekündigt. Im Vorfeld der auf Januar 2003 festgesetzten Neuwahlen bemühten sich sowohl die VVD als auch die CDA um desillusionierte LPF-Anhänger, wobei beide versuchten, so konservativ aufzutreten, wie ihre Parteiprogramme es erlaubten.
16 100.000 Britische Pfund entsprechen 150.875 Euro (Stand 22.1.2003)
17 Türken, die Azra im Fernsehen sahen, waren verwirrt: »Anstatt zu sagen: »Mutluyum« (Ich bin glücklich), sagte sie: »Ich bin Mutlu’ ...«
18 Im Norden des Iraks leben hauptsächlich Kurden. Die Ölfelder in der Umgebung von Mosul und Kirkuk sind seit Ende des ersten Weltkriegs immer wieder Auslöser für Streitereien und Kämpfe zwischen der Türkei, dem Irak und den (nach Unabhängigkeit strebenden) Kurden zu beiden Seiten der Grenze.