Heft 3/2021 - Digital Ecology


Kann Kunst den Job erledigen?

Vom Narrativ zum Protokoll, von der Gewohnheit zur Ethik

Daphne Dragona


„Das Kunstwerk muss die Arbeit verrichten“, betont James Bridle in einem seiner kurzen Online-Vorträge zur Rolle der Kunst in Zeiten der Klimakrise.1 „Kunstwerke über Ökologie bringen nichts mehr. Es geht nicht nur ums Geschichtenerzählen. Und es geht definitiv nicht nur um die Vermittlung von Fakten – wir wissen schon alles, was wir wissen müssen. Aber wir müssen endlich unsere Arbeit erledigen.“ Interessanterweise verweist Bridle dabei auch auf seine eigene Praxis als Künstler, der bis vor Kurzem sehr viel zur und mit Technologie gearbeitet hat und sich nun mehr für den Einsatz erneuerbarer Energien und landwirtschaftliche Systeme interessiert. Seine Aussage ist im Kontext einer Kunst zu verstehen, in der die Grenzen zum Aktivismus, zum Gemeinsinn, zur gemeinschaftlichen Arbeit und natürlich auch zur Ökologie verschwimmen. Es ist eine Kunst, die Stellung bezieht, sozial und politisch ist, mit ihren nützlichen Praktiken Werkzeuge und kommunikatives Wissen liefert. Das kann unterschiedliche Assoziationen wecken, und Bridle beharrt darauf, dass wir konkrete Aktionen brauchen, die neue Narrative schaffen.
Was ist das Problem mit den bestehenden Erzählungen und Darstellungen in der Kunst? Und was sind das für dringend benötigte Aktionen? Wie war das Verhältnis von Technologie und Ökologie bisher zu verstehen? Welche Rolle hatte die Kunst bei der Erklärung, Gestaltung oder gar Veränderung dieser Beziehung? Und wie kann hier ein Umdenken stattfinden?
Die Klimakrise, die wir heute erleben, wird größtenteils über verschiedene Erzählformen kommuniziert. Die Geschichte der anthropogenen Aktivitäten auf der Erde wird mithilfe wissenschaftlicher Fakten und der Verarbeitung und Visualisierung von Klimadaten erzählt. Wissenschaftliche Fakten, Wetterereignisse und Klimavorhersagen bilden den Ausgangspunkt für die Narrative, die von den sozialen Bewegungen im Kampf gegen den Klimawandel und für Klimagerechtigkeit gebildet werden. Auch Kunst und Kultur nutzen diese Narrative in ihren Projekten, Ausstellungen und Events, um auf den aktuellen Notstand des Planeten hinzuweisen.
Bei der Bildung der genannten Narrative kommt den digitalen Technologien in vielerlei Hinsicht eine bedeutende Rolle zu. In Verbindung mit Sensortechnologien und maschinellem Lernen ermöglichen sie sowohl die Erfassung von Informationen aus der Luft, dem Boden und dem Wasser als auch die Verarbeitung von Klimadaten zu weltweiten Veränderungen im großen Maßstab. Darüber hinaus werden Medieninformationen über das Klima offen und breit kommuniziert und geteilt. Und schließlich bieten digitale Technologien zusammen mit den Umweltwissenschaften eine Grundlage für die Entwicklung von Vorschlägen zur möglichen Optimierung und Wiederherstellung unseres Klimas und unserer Ökosysteme. Zweifelhafte Szenarien wie beim Geo-Engineering zeigen, dass so manche sich eine globale Intervention wünschen und diese auch für machbar halten. Die Problematik einer solchen Sichtweise liegt in dem Glauben, die Erde sei ein Objekt, das endlos genutzt, programmiert und sogar restauriert werden kann, ähnlich der „pilotierbaren Maschine“ von Frédéric Neyrat.2 Die Welt der Technik hilft der Menschheit nicht nur bei der Erforschung, dem Verständnis und der Auseinandersetzung mit der Klimakrise, sie beschleunigt die Umweltzerstörung gleichzeitig auch, wie viele meinen. Beispiele dafür sind der Abbau von Mineralien für die Herstellung von Elektrogeräten und Computern, der Verbrauch fossiler Brennstoffe für ihre Produktion und ihren Betrieb sowie die Toxizität des so entstehenden Elektromülls. Die Rolle der Technologie in Zeiten der Klimakrise ist daher zweifelsohne eine ambivalente und paradoxe, scheinen technologische Systeme doch Lösungen für Probleme bereitzuhalten, die größtenteils erst durch ihre eigene missbräuchliche Verwendung geschaffen wurden.3 Diskutiert und beleuchtet wird die vielschichtige und kontroverse Rolle der Technologie in zahlreichen künstlerischen Projekten, die sich mit der Arbeit von Fachleuten auf diesem Gebiet auseinandersetzen.
In ihrem jüngsten Buch Atlas of AI nimmt Kate Crawford die intensiven Rechenprozesse für Data-Mining und maschinelles Lernen unter die Lupe. „Der Begriff ‚Künstliche Intelligenz‘ mag an Algorithmen, Daten- und Cloud-Architekturen erinnern, aber nichts davon kann ohne die Mineralien und Rohstoffe funktionieren, aus denen die Kernkomponenten der Computertechnologie bestehen.“4 Diese Aussage trifft auch auf die Verarbeitung von Klimadaten zu. Neue Formen des Extraktivismus treffen auf alte Formen, denn die Gewinnung von Daten und das traditionelle Schürfen von Mineralien werden parallel betrieben und alle Probleme im Zusammenhang mit Daten durch noch mehr Daten gelöst. Anschaulich dargestellt wird dies in der Karte Anatomy of an AI System (2019) von Vladan Joler, die er zusammen mit Crawford erarbeitet hat,5 sowie in Jolers jüngster Arbeit New Extractivism: Assemblage of Concepts and Allegories (2020).6 Auf dieser neuen Karte werden Ideen, Dinge und Menschen präsentiert, die gemeinsam Ausdruck unterschiedlicher Formen von Extraktivismus und Ausbeutung sind, und das betrifft die Menschen genauso wie die Erde. Der Anteil von KI an der Ausbeutung natürlicher Ressourcen ist damit aber noch nicht zu Ende. Mit seiner 3-Kanal-Installation Hyperminer_Extracted Earth (2021)7 untersucht der Künstler Frederick De Wilde, wie Bergbauaktivitäten durch maschinelles Lernen schneller, akkurater und effizienter werden. KI-Infrastrukturen werden heutzutage immer öfter sowohl für die Kontingentierung und Überwachung von Rohstoffen eingesetzt als auch für die eigentlichen Bohrungen. Bessere Prognosen verbessern die Planung und die Kapitalrendite8. Aber wie kann dies zur Reduzierung des Fußabdrucks der KI und des Raubbaus an irdischen Reichtümern führen? Frederick De Wilde erforscht den Umstand, dass die Erde wie ein Gegenstand gescannt wird, und wirft damit Fragen zur Priorisierung von Interessen und Werten auf.
Andere Künstler*innen konzentrieren sich ganz gezielt auf den Energieverbrauch technologischer Systeme und von Konnektivität an sich, von der Energiegewinnung bis zu ihrer Einspeisung in Infrastrukturen unterschiedlicher Größenordnungen. In seinem Film Internet Machine (2014) legt Timo Arnall die Materialität der Cloud offen und betont, wie wichtig es ist, „die Energie, die in den Betrieb dieser Maschinen sowie in die damit verbundenen Sicherungs-, Kühl- und Wartungssysteme einfließt, sehen und hören zu können“9. Der Film zeigt die massive Infrastruktur von Rechenzentren und deren Kühlungsmechanismen. Ein paar Jahre später verkündeten die großen Tech-Unternehmen, sie würden nun verstärkt auf erneuerbare Energien setzen, wobei der Einsatz von Künstlicher Intelligenz diesen Prozess unterstützen soll. Und tatsächlich leisten KI-Systeme heutzutage einen bedeutenden Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs, indem sie neben Temperatur- und Druckvorhersagen Empfehlungen zum Verbrauchsverhalten liefern. Aus diesen Gründen werden Technologiegiganten häufig als Vorbilder für den Übergang zu erneuerbaren Energien dargestellt, wobei die andere Seite dieser Geschichte jedoch kaum Erwähnung findet. So ist es bei der Verwendung von Wasser zur Stromgewinnung nicht unerheblich, welche Art von Wasser zu welchem Preis eingesetzt wird. Noch wichtiger: Was passiert, wenn sauberes Wasser vorrangig für Technologiezwecke genutzt wird anstatt für Menschen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Mél Hogan, wenn er auf die Grundlagen der Entstehung von Big-Data-Ökologien verweist. Deren Ergrünen basiert auf „dünnen Narrativen, die mit textlichen und visuellen Rhetorikstrategien arbeiten und darauf abzielen, die Ausbeutung von Ressourcen zu verschleiern bzw. zu überschreiben“10. Das Ökosystem der Erde kann über einen bestimmten Punkt hinaus nicht wieder aufgefüllt werden; es ist nicht endlos erneuerbar.
Technische Medien verdanken ihr Funktionieren der Erde und ihren geologischen Schichten, und genau dort landen die Produkte der digitalen Wegwerfkultur am Ende. Dies mahnen auch Jussi Parikka und Garnet Hertz an: „Medien sterben nicht, sie bestehen als Sondermüll weiter.“11 Die Überreste technischer Geräte setzen sich nach ihrem Gebrauch am Körper der Erde ab und gehen in die zukünftige geologische Geschichte ein. Sie bilden eine „Naturkunde der Elektronik“, wie Jennifer Gabrys es nennt,12 und tragen zur Ausübung „langsamer Gewalt“ – ein Begriff von Rob Nixon – auf ärmere Regionen und Bevölkerungen bei, die den Preis für den heutigen technologischen Lebensstil zahlen.13 Benjamin Gaulon, ein Künstler, der konsequent zum Thema Elektromüll gearbeitet hat, vertritt die Ansicht, dass ab einem gewissen Punkt nichts übrig bleibt außer der „brutalen Materialität“ der Geräte. In seinen Arbeiten Ultimate Waste, Internet Compression und L’Essence Même (2020) gestaltet Gaulon Elektroschrott um, indem er ihn schreddert.14 Gezeigt wird ein Gegenstand aus dünnem Kunststoff, der immer noch in der Lage ist, giftige Substanzen in den Boden, die Luft oder das Wasser abzugeben. Heather Davis betont in Bezug auf Kunststoff dessen „widerspenstiges Verhältnis zur Zeit“. In ihren Worten bildet er eine Form von Hinterlassenschaft und ein Medium, das die tiefe Vergangenheit mit der tiefen Zukunft verbindet, wodurch „Prekarität und Toxizität ausgeweitet werden“15. Elektromüll ist dementsprechend für gegenwärtige und zukünftige Generationen eine bittere Altlast, die vor allem Menschen aus den Teilen der Welt trifft, die zu seiner Akkumulation am wenigsten beigetragen haben.

Widersprüchliche KI
Angesichts der Problematik von Extraktivismus, Energieverbrauch und Elektromüll haben sich Künstler*innen mit den widersprüchlichen Versprechen technologischer Systeme auseinandergesetzt, insbesondere mit Künstlicher Intelligenz in Bezug auf die Umweltkrise, und beleuchten damit die dunklen Seiten der digitalen Kultur. Gleichzeitig sind in den letzten Jahren verschiedene Initiativen entstanden, die diese Themen aus unterschiedlichen Perspektiven und im Hinblick auf unterschiedliche Weltanschauungen zu betrachten versuchen und dabei die Bedeutung von Gewohnheiten und Ethik hervorheben.
Wenn wir ein Umdenken in Bezug auf das Verhältnis von Technologie und Umwelt erreichen wollen, müssen wir das Verhältnis des Menschen zur Maschine, insbesondere zur Künstlichen Intelligenz neu denken. Die Indigenous Protocol and Artificial Intelligence Working Group arbeitet in diese Richtung und untersucht vor allem die Fähigkeit Indigener Erkenntnistheorien, das Nichtmenschliche mit aufzunehmen und neue Verwandtschaftsnetzwerke zu etablieren, und zwar „respektvoll und einvernehmlich“16. Die Auseinandersetzung mit dem Problem des Extraktivismus findet in diesem Kontext unter Berücksichtigung der Relationalität statt, die dem Indigenen Denken zugrunde liegt. Für die Gruppe beinhaltet jede Beziehung zu KI ganz konkret eine Beziehung zu den Materialien der Erde, zu Bergwerken und Steinen, zu Rohstoffen. Dies sind grundlegende Verbindungen, die nicht in Zweifel gezogen oder infrage gestellt werden können und die durch behutsam entwickelte Protokolle geschützt werden müssen. Die Forscherin und Künstlerin Suzanne Kite erklärt, dass KI auf eine gute Weise funktionieren kann, wenn Werte von einer Gemeinschaft geteilt und angenommen werden, anstatt von Regierungen oder Großunternehmen auferlegt zu werden. Laut der Indigenen KI-Gruppe müssen in den Protokollen sowohl die Beziehungen zu anderen Menschen berücksichtigt werden als auch die zu „Nichtmenschen, wie zum Beispiel Tieren, Steinen und dem Wind“17. Um derlei Protokolle anwenden zu können, müssten die Entwickler*innen zunächst einmal die zugrunde liegenden Verbindungen bei der Herstellung von Technologien und Tools anerkennen und bearbeiten.
Die Arbeiten der Künstler*innen und Designer*innen Tega Brain, Alex Nathanson und Benedetta Piantella, die derzeit das Projekt Solar Protocol (2020) weiterentwickeln, gehen in diese Richtung.18 Solar Protocol ist eine Internetplattform, die auf einem globalen Netzwerk solarbetriebener Server gehostet wird. In Gebrauch ist jeweils der Server, an dessen Standort es am meisten Sonne gibt, sodass jeder Server abhängig von den jeweiligen Wetterbedingungen für eine bestimmte Zeit lang Konnektivität bietet. Mit dem Namen und der Idee des Projekts soll „die Logik der Natur“ gewürdigt werden; es geht um eine Untersuchung der Beziehung zwischen Erde und Sonne „als eine Form von Intelligenz, die Entscheidungen in einem digitalen Netzwerk automatisiert“. Der Weg vom Client zum Server richtet sich nach dem Sonnenschein, und das ist gleichzeitig eine Einladung an seine Benutzer*innen, ihre Gewohnheiten zu ändern oder anzupassen. Wie andere Routinen und Gewohnheiten, die von der Tageszeit und dem Wetter abhängig sind, können wir auch unsere Online-Aktivität entsprechend ändern. Anstatt Konnektivität rund um die Uhr als gegeben anzusehen, müssen wir lernen, geduldig zu sein und uns auf Qualitätseinbußen in der Darstellung und auf Unterbrechungen einzulassen. Für Solar Protocol ist es wichtiger, Energie zu sparen, als möglichst schnelle Resultate zu produzieren. Auch wenn die Energiequellen erneuerbar sind, kann man nicht immer online sein. Solar Protocol basiert auf Ersteren und setzt die Forschung von Kris de Decker und Roel Ascam Abbing fort, die das Low Tech magazine19 gegründet und im Rahmen dessen untersucht haben, was es bedeuten würde, eine Solarenergie-Website zu betreiben: statisch mit zweifarbigen Bildern, aber dennoch geeignet für Benutzer*innen mit älteren Systemen. Mit ihren Arbeiten weisen sie darauf hin, wie wichtig es ist, den Zusammenhang zwischen Daten und Energie zu verstehen, eigene Bequemlichkeiten außer Acht zu lassen und tragfähigere Lösungen anzustreben, die einfach umzusetzen und zu warten sind.
Im palästinensischen Sakiya Art/Science/Agriculture Space in der Nähe von Ramallah verschmelzen althergebrachte Lowtech-Formen mit traditionellem Wissen und zeitgenössischen künstlerischen und landwirtschaftlichen Praktiken.20 Der Künstler Nida Sinnokrot und die Architektin und Denkmalpflegerin Sahar Qawasmi haben einen Raum geschaffen, in dem die Agrikultur als lebendiger Teil der Kultur Vergangenheit und Gegenwart betrachtet und die Prinzipien der Permakultur in den Mittelpunkt des Schaffens gestellt werden. So folgen ihre Veranstaltungen beispielweise der Logik der „Gilde“ – Gruppen von Pflanzen-, Baum-, Tier- und Insektenarten, die gemeinsam agieren und sich gegenseitig stärken. Künstler*innen, Agrarökolog*innen, Lehrer*innen, Handwerker*innen und Techniker*innen arbeiten zusammen und teilen ihre Erfahrungen und ihr Wissen. Es geht auch um die Logik der Renaturierung, zum einen um die „Renaturierung der Erde, damit diese sich von den verheerenden Auswirkungen des Monokulturlandbaus erholen kann“, zum anderen um die „Renaturierung lokaler Wissenskulturen, damit diese sich von dem unkontrolliert fortschreitenden Neoliberalismus erholen können“. Die Prinzipien der Permakultur zu verinnerlichen und auf Kunst und Kultur anzuwenden, bedeutet, Zeit anders zu nutzen, Entscheidungen anders zu treffen, die Ziele der Gemeinschaft über jene des Individuums zu stellen. John Jordan vom Laboratory of Insurrectionary Imagination betont diesbezüglich das Prinzip der Beobachtung und wie Kunst helfen kann, auf Veränderungen in unserer Umwelt aufmerksam zu machen.21. Permakultur hilft uns, ganzheitlich zu denken und zu verstehen, wie menschliche und mehr-als-menschliche Lebensräume langfristig von technologischen Auswirkungen betroffen sind.
Technologie ist weder neutral, noch existiert sie in einem Vakuum, wie Rosemary Lee unterstreicht. Abhängig von den Umständen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, beeinflussen unterschiedliche mediale Ökosysteme22 bzw. „Mediennaturen“23 und wirken sich zudem konstant auf Lebensräume aus. Macht die Kunst ihre Arbeit am Ende besser, wenn sie handelt, anstatt wahre Geschichten zu erzählen, die den Planeten im Ausnahmezustand zeigen? Ist es die Aufgabe der Kunst zu handeln, anstatt unsere Gedanken und Sinne zu beflügeln? Diese Fragen bleiben offen, und sie tauchen immer wieder auf, vor allem in Zeiten planetarischer Krisen. Doch all die genannten Beispiele gehen von der gleichen Prämisse aus: Es gilt, die Trennung von Technologie und Ökologie, von der menschlichen und der mehr-als-menschlichen Welt zu überwinden. Die angebotenen Alternativen können nicht als Entschuldigung für den weiteren Raubbau der natürlichen Ressourcen herhalten. Ebenso können die vorgeschlagenen technischen Lösungen Konsumgesellschaften nicht davon abhalten, ihre Gewohnheiten zu ändern. Die Kunst, die ihren /die ihre Aufgabe erfüllt, mag ebenso wie die Kunst, die Geschichten erzählt, begrenzten Einfluss haben und bis zu einem bestimmten Grad immer auf symbolischer Ebene agieren. Aber manchmal folgt man auch einer Logik des „spekulativen Tuns“24, der Bereitstellung eines Raums, in dem dringend nötige Veränderungen ersonnen werden können. Auf jeden Fall plädieren die hier genannten Praktiken und Methoden dafür, unumschränkten Technologiemodellen gegenüber skeptisch zu sein und uns mehr um größere Zusammenhänge und Maßstäbe zu kümmern. Die Kunst tritt dabei in den Vordergrund, um sich für die radikalen Veränderungen auszusprechen, die von uns als Individuen und als Kollektiv gefordert sind, damit sich Anschauungen und Gewohnheiten ändern und quer durch alle Generationen, Geografien und Kulturen ein von Ethik geleitetes Umdenken stattfinden kann.

 

Übersetzt von Gaby Gehlen

 

[1] James Bridle war Teilnehmer der Podiumsdiskussion Art-Driven Narratives to Combat the Environmental Crisis|Climate Culture, veranstaltet von der Onassis Foundation, 28. Juni 2021; https://www.youtube.com/watch?v=f80weIOoXGg&t=2126s.
[2] Vgl. Frédéric Neyrat, The Unconstructable Earth: An Ecology of Separation. New York 2018, S. 1–3.
[3] Daphne Dragona, Reprogramming Earth, NeMe, 2020; https://www.neme.org/projects/reprogramming-earth.
[4] Kate Crawford, Atlas of AI. New Haven/London 2021, S. 30.
[5] Kate Crawford/Vladan Joler, Anatomy of an AI System; https://anatomyof.ai/.
[6] Vladan Joler, /i>New Extractivism: Assemblage of Concepts and Allegories; https://extractivism.online/.
[7] Frederik De Wilde, Hyperminer_Extracted Earth; https://frederik-de-wilde.com/project/hyperminer-extracted-earth/.
[8] Ron Schmeltzer/Cognitive World, AI Helping Extract Value In The Mining Industry, Forbes, 9. August 2019; https://www.forbes.com/sites/cognitiveworld/2019/08/09/ai-helping-extract-value-in-the-mining-industry/?sh=5083d9697006.
[9] Timo Arnall, Internet Machine; https://www.elasticspace.com/2014/05/internet-machine.
[10] Vgl. Mél Hogan, Big data ecologies, in: Ephemera, 18, Nr. 3, 2018, S. 631–657.
[11] Jussi Parikka, A Geology of Media. Minneapolis 2015, S. 141.
[12] Jennifer Gabrys, Digital Rubbish: A Natural History of Electronics. Ann Arbor 2011.
[13] Rob Nixon, Slow Violence and the Environmentalism of the Poor. Cambridge/London 2011.
[14] Benjamin Gaulon, Ultimate Waste, Internet Compression und L’Essence Même; http://www.recyclism.com/techmining.html.
[15] Heather Davis, Plastic Media, in: dies., Plastic Matter. Durham 2022 (unveröffentlichtes Manuskript).
[16] Jason E. Lewis/Noelani Arista/Archer Pechawis/Suzanne Kite, Making Kin with the Machines, in: Journal of Design and Science, 2018; https://jods.mitpress.mit.edu/pub/lewis-arista-pechawis-kite/release/1.
[17] Jason Edward Lewis et al., Indigenous Protocol and Artificial Intelligence Position Paper, 2020, S. 7; https://spectrum.library.concordia.ca/986506/7/Indigenous_Protocol_and_AI_2020.pdf.
[18] Tega Brain/Alex Nathanson/Benedetta Piantella, Solar Protocol; http://www.tegabrain.com/Solar-Protocol.
[19] https://solar.lowtechmagazine.com/
[20] https://sakiya.org/
[21] Lars Kwakkenbos, Art, Activism and Permaculture. Interview mit Isa Fremeaux und John Jordan; https://fpif.org/art_activism_and_permaculture/.
[22] Rosemary Lee, Resilience as a Critical Approach to Technology, in: Feral Labs Node Book #1: Rewilding Culture; https://ferallabs.net/wp-content/uploads/2021/04/Feral-Labs-Node-Book.pdf.
[23] Vgl. Parikka, A Geology of Media, S. 6ff.
[24] Sophie Toupin/Spideralex, Introduction: Radical Feminist Storytelling and Speculative Fiction: Creating new worlds by re-imagining hacking, in: Ada: A Journal of Gender New Media & Technology 13 (2018); https://adanewmedia.org/2018/05/issue13-toupin-spideralex/.